Kinderbauernhof Mauerplatz

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Beziehungsarbeit mit Pferden

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BEZIEHUNGSARBEIT MIT PFERDEN
AUF DEM KINDERBAUERNHOF AM MAUERPLATZ – 2007

Am 23. Mai 2007 gab es auf dem Kinderbauernhof ein Ereignis, das einer Revolution gleichkam. Die erste Rangfolgeklärung (nach einer Methode, die u.a. durch Monty Roberts unter dem Namen „Join Up“ weltweit bekannt wurde und in dieser oder anderer Form von Indianern Nordamerikas praktiziert wurde) mit Max, dem ranghöchsten Pony des Kinderbauernhofes, wurde praktiziert. Diese Methode empfindet das Verhalten von Pferden nach, die in einer Herde leben, in denen die Rangordnung der Tiere eine wesentliche Rolle im täglichen Miteinander spielt.

Sie wurde durchgeführt von Marion Meisel, Pferdetrainerin und Westernreitlehrerin der Meadow Ranch in Körzin bei Berlin.

VORHER                                                                                        NACHHER

VORGESCHICHTE – DER WILDE MAX

Seine Mutter Simmy brachte Max vor 23 Jahren im Ponystall auf dem Kinderbauernhof zur Welt. Die Dinge, die ihm schon als Fohlen erlaubt wurden, seine Erziehung, die relativ häufigen Wechsel der Mitarbeiterbelegschaft und andere Umstände gaben ihm die Möglichkeit, sich - aus Pferdesicht - zum Ranghöchsten Lebewesen des Kinderbauernhofes zu entwickeln.

23 Jahre lang war er gewohnt (trotz der natürlich vorhandenen partiellen Unterordnung im Alltag und in Zeiten intensiverer Bodenarbeit mit ihm) in seinem Verhältnis zu Menschen der Dominantere zu sein.

Aus Pferdesicht, müsste Max, der ja bisher auch in seinem Verhältnis zu den jeweiligen Vorstandmitgliedern des Vereins Kinderbauernhof am Mauerplatz e.V. die dominante Rolle inne hatte, eigentlich als Vorstandvorsitzender des Vereins betitelt werden, mit Fortune, unserem dienstältestem Tier auf dem Hof, als Vizepräsi an seiner Seite.

Na ja, wir Menschen sehen das anders…

23.5.07  FORTUNE KOMMT BESORGT, ERREGT
UND WIEHERND ANGERANNT, UM MAX ZU HELFEN

 

JOIN UP 23.5.2007

Der Join Up am 23.Mai 07 kam in der Beziehung zwischen Mensch und Tier einem Erdrutsch gleich.

In weniger als einer Stunde musste Max nach nun 23 Jahren mit der neuen Realität klarkommen, dass es Menschen gibt, die ihm – in seiner eigenen Sprache – zu verstehen geben, dass er nun nicht mehr der Chef ist. Auf der anderen Seite kam die anschließende Verhaltensänderung bei Max einigen Mitarbeitern wie Zauberei vor.

Doch vorerst gab er seine Vormachtstellung nicht so einfach auf. Er entpuppte sich einmal mehr als wildes Rodeopferd und verlangte einiges von Workshopleiterin und teilnehmenden HofmitarbeiterInnen ab. Für diese war dieser Schritt eine große Herausforderung und beinhaltete u.a. die Überwindung von Ängsten als auch das Ablegen alter Verhaltensmuster.

Ebenfalls stellte dies eine große Herausforderung für Max dar, der sicher in seinem Leben nicht mehr damit rechnete, daß sich Menschen in dieser, den Pferden abgeguckte Verhaltensweise ihm gegenüber darstellen würden.

Am Abend besuchte ein Mitarbeiter des Hofes die Ponys und Piefke, den Esel, im Stall, um zu sehen, wie es Max, und auch den anderen nach diesem Erlebnis ging. Max verhielt sich wie immer und bekam ein dickes Lob für seine enorme geistig-emotionale Leistung, die er – sicher unfreiwillig - an diesem Tag vollbracht hat. Fortune, der während des Join Ups ziemlich wild wurde und sogar wieder aus dem Stall ausbrechen wollte, um Max zu Hilfe zu kommen, war die Ruhe selbst, genauso Piefke, unser Esel. Die Harmonie, die in diesen Abendstunden im Stall herrschte war doch ziemlich besonders, es waren besonders Fortune und Piefke, die an diesem Abend sehr zugänglich waren und von sich aus kamen, um geknuddelt zu werden – was bei der gesamten Grummelbande kein alltäglicher Standart ist. Es hatte den Anschein, daß sich von Max etwas auf die anderen übertragen hat, ja fast, als hätte er mit ihnen geredet, daß alles in Ordnung ist. Max war in den Tagen danach auf dem Hof entspannter als sonst, so als wäre Druck von ihm abgefallen.

VORGESCHICHTE UMGANG MIT PFERDEN AUF DEM HOF

Natürlich kam dieser Workshop nicht aus heiterem Himmel.Schon seit 2002 bestand die Idee einer Zusammenarbeit des Kinderbauernhofes mit Marion Meisel bzw. der Meadow Ranch, nachdem damals Kinderbauernhofmitarbeiter an einem Workshop in Körzin teilgenommen hatten. 5 Jahre musste es nun dauern, bis dieser Vorschlag in die Tat umgesetzt werden konnte.

2-3 Jahre davor wurde in monatelanger Arbeit Verhaltens- und Umgangsregeln von HofmitarbeiterInnen erarbeitet, mit dem Ziel, die Beziehung und die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Pferd auf unserem Hof zu klären bzw. zu verbessern.

Im April 2007 war es dann soweit, dass im Rahmen einer Fortbildung mehrere Hofmitarbeiter und Jugendlichen den Workshop Beziehungsarbeit mit Pferden auf der Meadow Ranch absolvieren konnten.


MIT DEM JOIN UP IST DIE BEZIEHUNGSKLÄRUNG NICHT ERREICHT – DIE ARBEIT FÄNGT ERST RICHTIG AN

DIE FOLGENDEN WOCHEN

An den folgenden Wochen mußten nun zum ersten mal im Leben die MitarbeiterInnen des Kinderbauernhofes den Join Up mit Max alleine, also ohne Hilfestellung von erfahrenen Pferdetrainern, vollbringen. Dies war eine noch größere Herausforderung.

Der gute Rat von Marion, diese Form der Bodenarbeit besonders am Anfang immer gemeinsam zu machen, hat sich als sehr hilfreich herausgestellt. Mit Unterstützung alle derjenigen, die den Join Up bereits ein- oder mehrmals gemacht haben, hat es dann in Laufe der Zeit jeder geschafft, sich bei Max durchzusetzen und auch sein Vertrauen zu gewinnen – ihm Vertrauen zu geben. Es wechselten sich Phasen, in denen es sehr schnell und leicht ging, mit Phasen ab, in denen Max den einen oder anderen an seine absoluten Grenzen brachte.

Ein Pferd nimmt jede Unsicherheit und Unentschlossenheit bei seinem Gegenüber wahr. Nach einem nicht erfolgreich abgeschlossenen Join Up, also wenn sich nicht der Mensch, sondern das Pferd durchgesetzt hat und damit als ranghöheres Tier den Roundup (Paddock) verläßt, wird es beim nächsten Mal sehr viel schwerer, sich beim Tier den nötigen Respekt zu verschaffen.

Wir haben uns zur wichtigen Regel gemacht, immer mit einem Erfolgserlebnis abzuschließen, und sei dieses noch so klein. Dies gelang immer - bis auf einmal. Das nächste Mal wurde es für die Person dann also ganz schön schwer.

Wichtig ist es nun auch für uns gewesen, das klare und eindeutige Verhalten gegenüber den Ponys im täglichen Hofablauf beizubehalten. Es geht ja nicht darum, einmal in der Woche dem Pferd deutlich zu machen, daß man auf die Leittierposition besteht, um dann in der Woche mit unstimmigen Verhalten seine Rangniedrigkeit auszudrücken. Konsequentes Verhalten ist im Umgang mit Pferden ein kontinuierliches Muß. Denn Pferde, wie eigentlich alle Tiere und auch Menschen, brauchen Klarheit, Eindeutigkeit.

Dies ist uns zwar weitgehend gelungen, da aber immer wieder Personalwechsel auf dem Hof stattfinden und da es bisher auch keine Festen Stellen gibt, ist es uns nicht immer möglich, die Linie ununterbrochen aufrecht zu halten…